Bereits während der Grundschule wurde erstmal die Diagnose ADHS gestellt, die im Laufe der Jahre immer wieder durch unterschiedliche Psychologen & Psychiater bestätigt worden ist. Anfänglich war es vor allem das ständige in Bewegung sein, verträumt wirken und nicht immer nachzudenken, bevor man handelt. Vielmehr beschäftigte aber die Frage, was ADHS eigentlich ist? Was bedeutet es für mich, für meine Familie, Freunde und andere? Man merkte zwar früh, dass man in gewisser Hinsicht vielleicht andere Interessen oder ein größeres Energiereservoir als das soziale Umfeld hat. Das eigentlich ungeklärte Rätsel war aber, die Frage, die man sich oft immer wieder selbst stellt: „was stimmt mit mir nicht ?“. Unabhängig davon, dass andere es einen täglich mehrmals fragten, war es ein ständiger Wegbegleiter, wie die Selbstzweifel und Unsicherheiten. Egal, wie sehr man sich anstrengte, wie sehr man etwas wollte, oft konnte man es nicht. Dies führte unweigerlich zu konstant negativen Feedback und Kritik von allen Seiten, da man selbst an vermeintlich einfachen Aufgaben scheitert und Probleme hat, dem Unterricht über eine längere Zeitspanne konzentriert zu folgen.

Während des Schuljahres in der 7. Klasse wurde mir mitgeteilt, dass ich mit Beginn der Sommerferien von der Schule „gegangen sein werde“. Da ich zu diesem Zeitpunkt bereits einige Schulwechsel hinter mir hatte, waren die letzten Auswege entweder Hauptschule oder eine Schule mit speziellem Fokus für ADHS. Ob diese die gesuchte Lösung sein würde, war nicht klar, jedoch waren Alternativen begrenzt.

Mit dem Wechsel aufs Internat schienen die Probleme weiter fortzubestehen und ein Abgang ohne irgendeinen Abschluss wurde immer häufiger seitens Lehrern, Eltern und anderen Personen aus dem näheren Umfeld diskutiert. Verschiedene Testungen ergaben, dass es am wenigsten an der Intelligenz lag, aber mehr eine Frage des passenden Umfeldes und der Betreuung gewesen zu wesen scheint. Nach der Suche und anschließenden Implementierung eines Plans für das restliche und folgende Schuljahr begann eine merkliche Verbesserung der schulischen, sozialen und gesundheitlichen Situation.

„I coulda had class. I coulda been a contender. I coulda been somebody, instead of a bum, which is what I am, let’s face it“ – Marlon Brando in „On the Waterfront“ (1954)

Die Jahre voller Hoffnungen, Träume, Rückschlägen und Taumeln der Gefühle, die einen über diese Zeit mitbegleiteten, prägten einen sehr. Gleichzeitig machten sie aber bewusst, dass eine mögliche Behandlung, die sich nur auf einen Schwerpunkt konzentriert (z.B. eine rein auf schulische Probleme ausgerichtete Verhaltenstherapie) nicht das nötige Fundament legt, um umfassend alle Problemfelder abzudecken. Durch das veränderte Umfeld und umfassend ausgearbeiteten Plan, der all dies abdeckte, begann mit Blick auf die Zwischenprüfung in der 10. Klasse schließlich der persönliche Turnaround – Abschluss als einer der Jahrgangsbesten in NRW, Abitur. Anschließend Studium in Freiburg, München und Paris, bevor die berufliche Reise begann.

Allerdings waren diese Abschnitte auch nicht immer einfach. Um einige Beispiele zu nennen: Oft stand man vor großem Prüfungsstress, da man zu spät angefangen hatte zu lernen, sich nicht immer richtig strukturierte bzw. selbstständig arbeitete, das Wichtige vom Unwichtigen filterte. Ständige Ablenkung, ein fehlendes Zeitgefühl und Probleme, den richtigen Lernrhythmus zu finden kamen nicht unbedingt erleichternd hinzu. Im Berufsalltag zeigte sich schnell, dass klassische Zeitpläne nicht immer ausreichten und man sich selbst oftmals verzettelte oder (unnötig) eng an Deadlines vorbeischrammte, um nur ein paar der gängigen Problem zu benennen. Es half nicht nur, feste Strukturen und Rhythmen zu etablieren, diese mussten auch fortlaufend evaluiert und angepasst werden, da sich das Umfeld ebenfalls fortlaufend veränderte

Ein entscheidender Schritt auf all diesen Etappen war es, professionelle Hilfe anzunehmen, im für den Alltag unterstützende Werkzeuge nutzen zu lernen, und fortlaufend je nach Bedarf anzupassen. Besonders aber Menschen zu finden, die einen unterstützend auf dem Weg begleiteten und nicht aufgaben, war von enormer Tragweite. Ohne all diese Formen der Unterstützung, die mir teilweise bereitgestellt, teilweise selbst erstellt worden sind, hätte ich es sehr wahrscheinlich nicht geschafft. Manche der ehemals helfenden Hände sind zu festen Säulen der Freundschaft erwachsen, andere haben für immer einen gedanklichen Ehrenplatz.

Aus dieser Achterbahnfahrt des Lebensweges und dem engen Austausch mit verschiedenen Fachrichtungen und Institutionen heraus entstand die Idee zu „EarlybirdRising“. Auf dieser Plattform soll all das gebündelt werden, was wir aus den Jahren beruflicher und privater Tätigkeit mitgenommen haben: konkrete Hilfen, praxisnahe Methoden und ein Netzwerk aus Betroffenen und Fachleuten, das Arbeitnehmern- und Gebern, Eltern & ihren Kindern, sowie Vertreter von Bildungseinrichtungen eine zuverlässliche und professionelle Hilfestellung bietet.

Fazit mit Schlüsselpunkten

„EarlybirdRising“ steht für: Keinen aufgeben, individuelle Wege finden und Unterstützung anbieten, die wirklich wirkt. Denn letztlich gilt: Jeder Mensch mit ADHS kann seine Stärken in Erfolge verwandeln – wenn er oder sie die Chance erhält und nicht im System verloren geht. Und genau da wollen wir ansetzen: mit konkreten Werkzeugen, erprobten Konzepten und einer Gemeinschaft, die zusammen anpackt. Letztlich hat jede Medaille zwei Seiten, wie die Diagnose es ebenfalls hat und viele prominente Beispiele verdeutlichen

Quelle: Geo.de


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