Lange Zeit ist die Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) nur mit Kindern und Jugendlichen in Verbindung gebracht worden. Man nahm an, dass sich diese mit zunehmendem Erreichen des Erwachsenenalters ihren gleichaltrigen Kollegen anpassen würde. Erst später stellt man fest, dass es sich nicht auswächst und ein Leben lang bestehen bleibt. Viele der betroffenen Erwachsenen – darunter zahlreiche Fachkräfte in Unternehmen – haben es teilweise über verschiedene Coping Mechanismen überbrücken können, bleiben aber trotzdem weit hinter ihren eigentlichen Möglichkeiten zurück. Besonders die klassischen Symptome wie Impulsivität, Konzentrationsschwierigkeiten oder Probleme mit Zeitmanagement stellen alltägliche Herausforderungen im beruflichen wie privaten Kontext dar. Viele Kollegen und Angehörigen reagieren angesichts dieses „zerstreuten Verhaltens“ mit Abstand, was zusätzlichen Druck darstellt. Gleichzeitig bringen Menschen mit ADHS oft außergewöhnliche Stärken mit, die sie, wenn zielgerichtet geführt, zu enormen Leistungen führen können. Dazu zählen z.B. kreative Problemlösung, hohe Energie und die Fähigkeit, sich intensiv in Themen zu vertiefen. Da viele Unternehmen sich dessen aber nicht bewusst sind, dass sie solche Rohdiamanten unter ihren Mitarbeitern haben, unterschätzen sie stattdessen nur leichtfertig das Potenzial dieser Mitarbeiter und überlassen sie sich selbst. Allein durch Schaffung geeigneter Rahmenbedingungen, die allen Mitarbeitern helfen würden, kann das Potential voll ausgeschöpft und die Produktivität vielfältig gesteigert werden.
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Wirtschaftliche Auswirkungen von unbehandeltem ADHS
In Deutschland liegt die Prävalenz von ADHS im Erwachsenenalter bei etwa 4,7 %, was bedeutet, dass rund zwei Millionen Erwachsene betroffen sind. Unbehandeltes oder nicht berücksichtigtes ADHS kann erhebliche volkswirtschaftliche Kosten verursachen. Studien zeigen, dass ADHS mit einer erhöhten Wahrscheinlichkeit für Arbeitslosigkeit, häufigere Krankheitsausfälle und verringerte Produktivität einhergeht. Laut einer Untersuchung des Deutschen Ärzteblatts kann ADHS zu einem Produktivitätsverlust von bis zu 22 Milliarden Euro pro Jahr allein in Deutschland führen. In den USA wird geschätzt, dass die wirtschaftlichen Kosten unbehandelten ADHS jährlich über 100 Milliarden US-Dollar betragen. Fehlzeiten, innere Kündigung und hohe Fluktuation sind nur einige der Herausforderungen, mit denen Unternehmen konfrontiert werden, wenn neurodivergente Mitarbeitende nicht die notwendige Unterstützung erhalten.


Anpassungsmöglichkeiten für Unternehmen
Welche Möglichkeiten zur Schaffung besserer Voraussetzungen sind denkbar, um selbst das ungenutzte Potenzial zu entfalten? Unternehmen haben einige Möglichkeiten, um ein produktives und unterstützendes Umfeld für Mitarbeitende mit ADHS zu schaffen. Nachfolgend sollen mögliche Handlungsempfehlungen skizziert werden, die sowohl von Seite des Unternehmens als auch des Mitarbeiters ergriffen werden können, um ein produktiveres und inklusiveres Umfeld zu schaffen:
Die Veränderung einleiten und vorleben
Auf struktureller Ebene können Unternehmen durch flexible Arbeitsmodelle wie Gleitzeit, Homeoffice oder hybride Arbeitsweisen mehr Anpassungsmöglichkeiten schaffen. Viele Menschen mit ADHS sind Nachteulen und profitieren davon, wenn sie zu späteren Zeitpunkten ihre Arbeit erledigen können. Dies ist je nach Berufsfeld und Branche schwierig umzusetzen, aber eine grundsätzliche Überlegung. Weiter hilft es, wenn bekannt ist, dass das Unternehmen grundsätzlich für Veränderungen offen ist. Das bedeutet nicht, dass von heute auf Morgen alle Säulen neu definiert werden sollen, aber entsprechende Anpassungen grundsätzlich möglich sind. Führungskräfte können mit eigenem Beispiel vorangehen indem sie durch bewusstes Erwartungsmanagement, regelmäßige Feedbackgespräche und verständliche Kommunikation dafür sorgen, dass betroffene Mitarbeitende sich besser orientieren können.
Mit gutem Beispiel vorangehen
Führungskräfte haben allgemein eine zentrale Rolle in der Leitung und Unterstützung ihrer Mitarbeiter. Durch gezieltes Erwartungsmanagement mit klar definierten Zielen, regelmäßige Feedbackgespräche und einer direkten, verständlichen Kommunikation können Unsicherheiten reduziert und die Produktivität gesteigert werden. Darüber hinaus ist es hilfreich, Mitarbeitern mehr Autonomie in der Umsetzung ihrer Aufgaben zu geben, um individuelle Arbeitsweisen zu ermöglichen. Mentoring-Programme oder Coaching-Angebote für Mitarbeitende mit ADHS können ebenfalls einen positiven Effekt haben.
1. Sensibilisierung und Aufklärung
- Schulungen und Workshops: Organisation von regelmäßigen Fortbildungen und Sensibilisierungsseminare, in denen Führungskräfte und Mitarbeiter über ADHS, seine Symptome und die daraus resultierenden Herausforderungen informiert werden.
- Informationsmaterial: Bereitstellung leicht verständliche Broschüren, interne Newsletter oder Online-Ressourcen, um das Bewusstsein im Unternehmen zu erhöhen.
2. Flexible Arbeitsumgebungen schaffen
- Anpassung des Arbeitsplatzes: Ermöglichung flexible Arbeitsplätze, z. B. durch Ruhebereiche oder flexible Schreibtischmodelle, um eine individuell angepasste Arbeitsumgebung zu bieten.
- Flexible Arbeitszeiten: Schaffung flexibler Arbeitszeitmodelle (soweit möglich) und Homeoffice-Optionen, damit betroffene Mitarbeiter ihre Arbeitszeiten an ihre persönlichen Bedürfnisse anpassen können.
3. Individuelle Förderung und Unterstützung
- Mentoring und Coaching: Implementierung interner Mentoring-Programme oder Zusammenarbeit mit externen Coaches auf freiwilliger Basis, um individuelle Herausforderungen gezielt zu adressieren.
- Anpassung der Arbeitsaufgaben: Ermöglichung individueller Aufgabenverteilung, bei der Stärken genutzt und Schwächen durch Teamarbeit kompensiert werden können.
4. Kommunikation und Feedback-Kultur stärken
- Offene Gesprächsrunden: Regelmäßige Feedback-Gespräche und Teambesprechungen, in denen Herausforderungen offen angesprochen und gemeinsam Lösungswege erarbeitet werden können. Mehr Brainstorming-Sitzungen, in denen kreative Impulse gesammelt und dann analysiert werden können.
- Vertrauensvolle Atmosphäre: Schaffen Sie ein Arbeitsumfeld, in dem Mitarbeiter sich sicher fühlen, über ihre Bedürfnisse und Schwierigkeiten zu sprechen, ohne Angst vor Stigmatisierung.
5. Externe Experten einbinden
- Beratung und Kooperation: Kooperieren Sie mit Fachberatern und spezialisierten Institutionen, um maßgeschneiderte Unterstützungsangebote und Maßnahmen zu entwickeln.
- Regelmäßige Evaluation: Überprüfung und Evaluierung der Wirksamkeit der implementierten Maßnahmen in regelmäßigen Abständen und bei Bedarf anpassen dieser.
Teil 2: Was Mitarbeiter tun können
1. Persönliches Zeit- und Selbstmanagement optimieren
- Prioritäten setzen: Techniken zur Selbstorganisation wie To-Do-Listen oder digitale Planungstools einsetzen, um den Arbeitstag strukturiert zu organisieren.
- Pausen einplanen: Regelmäßige Pausen einplanen und diese auch wahrnehmen, um die Konzentration zu erhalten und Überlastung vorzubeugen.
2. Effektive Arbeitsmethoden anwenden
- Zeitmanagement-Methoden: Erproben von Methoden wie der Pomodoro-Technik, um fokussierte Arbeitsphasen mit kurzen Erholungsphasen abzuwechseln.
- Visualisierung und Strukturierung: Nutzung von Mindmaps oder visueller Planungswerkzeuge, um komplexe Aufgaben zu strukturieren und überschaubar zu machen.
3. Stressbewältigung und Gesundheitsmanagement
- Entspannungstechniken: Integration von Entspannungsübungen, Meditation oder kurze Bewegungseinheiten im Arbeitsalltag, um Stress abzubauen.
- Gesunde Lebensweise: Auf eine ausgewogene Ernährung achten, regelmäßige Bewegung und ausreichend Schlaf, begrenzter Koffeinzufuhr, um Leistungsfähigkeit langfristig zu unterstützen.
4. Offene Kommunikation und Vernetzung
- Feedback einholen: Aktiv das Gespräch mit Vorgesetzten oder Kollegen suchen, um konstruktives Feedback zu erhalten und Herausforderungen frühzeitig anzusprechen.
- Netzwerke nutzen: Regelmäßige Networking-Events innerhalb des Unternehmens, um Kontakte zu anderen Betroffenen zu gewinnen – der Austausch in Selbsthilfegruppen oder fachspezifischen Netzwerken kann wertvolle Unterstützung bieten.
5. Professionelle Hilfe in Anspruch nehmen
- Fortbildung: Sich über Weiterbildungsangebote, die speziell auf den Umgang mit ADHS im beruflichen Kontext ausgerichtet sind, informieren und diese wahrnehmen.
- Coaching und Therapie: Keine falsche Scheu haben, externe Unterstützung durch spezialisierte Coaches oder Therapeuten in Anspruch zu nehmen, um individuelle Herausforderungen gezielt anzugehen.
Ungenutztes Potential, das nur gelenkt werden muss
ADHS hat nicht nur persönliche und gesellschaftliche Auswirkungen, sondern verursacht auch erhebliche volkswirtschaftliche Kosten. Während die direkten medizinischen Kosten bereits spürbar sind, sind es vor allem die indirekten Kosten – verursacht durch reduzierte Produktivität und geringere Erwerbsbeteiligung –, die die größte wirtschaftliche Belastung darstellen.
Eine frühzeitige Diagnostik und gezielte Behandlungsansätze könnten helfen, die finanziellen Auswirkungen für Individuen und Gesellschaften zu verringern. Investitionen in die Behandlung und Unterstützung von Menschen mit ADHS zahlen sich langfristig also nicht nur für die Betroffenen, sondern auch für die Wirtschaft aus. Unternehmen, die sich offen zeigen, entsprechende Anpassungen vorzunehmen, können damit stärker für die Zukunft profitieren.
Wenn Du mehr darüber erfahren möchtest, wie wir Unternehmen und Mitarbeiter gemeinsam erfolgreich im Umgang mit ADHS helfen können, sprich uns jederzeit gerne an. Wir bieten Dir in unserer unverbindlichen Erstberatung die Möglichkeit, eine erste Einschätzung und individuelle Planskizze zu geben. Kontaktiere uns noch heute – gemeinsam gestalten wir eine erfolgreiche und inklusive Zukunft!
Quellen
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WiWo.de (2023). ADHS und Karriere: „Es gibt viele Betroffene, die in Hochleistungsjobs arbeiten“. Verfügbar unter: wiwo.de
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Publikationen.uni-tuebingen.de (o.J.). ADHS im Erwachsenenalter. Verfügbar unter: publikationen.uni-tuebingen.de
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