ADHS stellt über die gesamte Lebensspanne hinweg eine besondere Herausforderung dar. Vor allem im Studium und Berufsleben treten diese häufig in Form von Konzentrationsschwierigkeiten, unstrukturierte Tagesabläufe und des Gefühls, ständig hinterherzuhinken, in den Vordergrund und belasten den Alltag erheblich mehr, als er im Zweifel schon ist. In diesem Blogbeitrag sollen einige praktische Strategien vorstellen, die helfen können, den Alltag besser zu organisieren und die eigene Produktivität zu steigern.

Die Definition von Wahnsinn ist: immer wieder das Gleiche zu tun und andere Ergebnisse zu erwarten.“ – Albert Einstein

Den Alltag strukturieren – Tages- und Wochenpläne

Eine perfekte Ordnung wird nie existieren. Allerdings kann eine gute Planung das Risiko des Chaos (und den Stress) bereits erheblich reduzieren und dabei helfen, den Überblick zu behalten. Vorzugsweise raten wir zur analogen Variante (z.B. in Form eines Moleskinehefts) , digitale Kalender (z.B. über MS Teams) gehen auch.

Erster Schritt – Kategorisierung: Nutz verschiedene Farben, um Kategorien zu kennzeichnen – z. B. blau für berufliche Aufgaben, grün für Meetings und rot für dringende Aufgaben. Dieses Farbsystem unterstützt dabei, auf einen Blick zu erkennen, welche Bereiche Deine Aufmerksamkeit erfordern. Bei analogen Kalendern kannst Du farbliche Klebestreifen entsprechend einfügen. Bei digitalen Kalendern wie Teams lassen sich einfache Farbblöcke für jeweilige Ereignisse erstellen. Auf dieser Basis werden nachfolgend alle wichtigen Ereignisse der kommenden Woche kategorisiert und entsprechend markiert, sodass Du auf einen Blick siehst, was zu welcher Kategorie gehört.

Zweiter Schritt – zeitliche Einteilung: Für jedes Ereignis wird eine zeitliche Einteilung vorgenommen. Das heißt, Du definierst vorab einen konkreten Zeitblock für jedes Ereignis. Innerhalb dieses Blocks wird die jeweilige Aufgabe erledigt. Sollte die Zeit nicht reichen, erledige so viel wie Du kannst und beende die Aufgabe zu einem späteren Zeitpunkt. Am Ende kannst Du Dir eine Notiz dazu machen, ob die Zeit gereicht hat oder nicht, um es beim nächsten Mal entsprechend zu berücksichtigen.

Dritter Schritt – Visualisierung:
Visuelle Hilfsmittel wie To-Do-Listen, Whiteboards oder digitale Apps (z. B. Trello oder Microsoft To Do) unterstützen Sie dabei, Aufgaben sichtbar zu machen und Prioritäten zu setzen.

Effektive ArbeitsmethodenPomodoro und Eisenhower

Im hektischen Alltag von Studium und Beruf ist es oft schwierig, den Überblick zu behalten und effizient zu arbeiten. Zwei bewährte Methoden, die dabei helfen können, sind die Pomodoro-Technik und die Eisenhower-Matrix. Beide Ansätze unterstützen Dich dabei, Deine Aufgaben klar zu strukturieren und Deine Zeit optimal einzuteilen.

Pomodoro-Technik

Erster Schritt – Zeitintervalle definieren: Die Pomodoro-Technik basiert auf dem Prinzip, dass kurze, intensive Arbeitsphasen gefolgt von kurzen Pausen die Konzentration steigern. Normalerweise wird dabei ein Timer auf 25 Minuten gestellt – während dieser Zeit konzentrierst Du Dich ausschließlich auf eine Aufgabe. Anschließend folgt eine 5-minütige Pause, in der Du Dich kurz entspannst. Nach vier Durchgängen nimmst Du eine längere Pause von 15 bis 30 Minuten. Halte die Pausen digitalfrei, d.h. ohne Smartphone, Social Media o.Ä..

Zweiter Schritt – Belohnungen einsammeln: Da vielen mit ADHS die Konzentration über einen längeren Zeitraum schwerfällt, kannst Du mit ebenfalls im 10/2 oder 15/3 (Minuten konzentrierter Arbeit/Pause) Rhytmus beginnen. Während der Pausen kannst Du Dir ebenfalls eine kleine Belohnung gönnen, z.B. ein Schluck Apfelschorle oder ein kleines Bonbon (wichtig: diese Belohnungen sollen helfen den Blutzuckerspiegel zu halten und nur in Maßen konsumiert werden!)

Dritter Schritt – Aufgaben entsprechend einteilen: Zerlege größere Aufgabenblöcke in kleinere Einheiten. Bestenfalls lassen sich diese innerhalb eines Pomodoro-Zyklus lösen, wenn nicht, verteile sie über mehrere Zyklen. Wenn spontane Ideen oder Gedanken aufkommen, diese nur kurz notieren und später bearbeiten. E-Mails werden ebenfalls nur in dedizierten Pomodoros bearbeitet.

Eisenhower-Matrix

Die Eisenhower-Matrix ist ein Werkzeug zur Priorisierung von Aufgaben. Sie unterteilt alle anstehenden Aufgaben in vier Kategorien:

  • Wichtig und dringend: Sofort erledigen.
  • Wichtig, aber nicht dringend: Bewusst terminieren und später erledigen.
  • Dringend, aber nicht wichtig: Delegieren, wenn möglich.
  • Weder dringend noch wichtig: Reduzieren oder ganz streichen.

Dadurch soll ein bewusster Umgang mit Zeit und Ressourcen gefördert werden. Indem Du Deine Aufgaben systematisch sortierst, vermeidest Du Stress und verhinderst, dass wichtige Projekte im Alltagschaos untergehen. Gleichzeitig lernst Du, Prioritäten zu setzen und kannst Deine Energie gezielt auf die Aufgaben lenken, die wirklich zählen.

Erster Schritt – to-do-Liste erstellen: Erstelle am Vorabend oder zu Beginn des Tags, eine Liste aller anstehenden Aufgaben. Ordne diese anschließend den vier Quadranten zu. Nutze hierfür am besten ein Blatt Papier oder digitale Tools, die eine Visualisierung erlauben. Aufgaben, die sofortige Aufmerksamkeit erfordern, werden direkt abgearbeitet, während sie andere Aufgaben in ihren Wochenplan integriert oder, wenn möglich, delegiert.

Zweiter Schritt – sanity checks: Ein sanity check ist eine bei Finanzmodellen schnelle, grobe Überprüfung der Modell-Ergebnisse. Dabei wird geprüft, ob die Zahlen und Annahmen grundsätzlich plausibel erscheinen und ob offensichtliche Fehler oder Inkonsistenzen vorliegen. Gleiches kannst Du bei Deiner Matrix machen; lass einen Kollegen oder Freund drüber schauen, ob Deine Einteilung und Annahmen plausibel sind, oder Anpassungen von Nöten sind.

Dritter Schritt – konstante Evaluierung: Unerwartete Aufgaben sind im Alltag normal, was aber kein Problem ist. Hier ein paar Strategien, wie du damit umgehen kannst:

Sofort bewerten: Ordne die neue Aufgabe direkt in die Eisenhower Matrix ein. Ist sie dringend und wichtig, muss sie sofort oder zeitnah erledigt werden.
Prioritäten neu setzen: Überprüfe deinen aktuellen Plan. Kannst Du Aufgaben verschieben oder delegieren, um Platz für die neue Aufgabe zu schaffen?Pufferzeiten einplanen: Integriere bewusst Zeitfenster in deinen Tagesplan, die für unvorhergesehene Aufgaben reserviert sind.
Delegieren: Falls möglich, gib Aufgaben, die zwar dringend sind, aber nicht in Deinen Kernbereich fallen, an Kollegen ab.
Flexibilität bewahren: Nutze die Matrix als dynamisches Werkzeug, nicht starres Objekt. Es fällt oftmals schwer, Pläne anzupassen – weshalb es wichtig ist, dass Du immer Deinen aktuellen Status und mögliche Anpassungen kommunizierst.

Weniger ist mehr – das Pareto-Prinzip

Das Pareto-Prinzip, auch bekannt als die 80/20-Regel, besagt, dass in vielen Fällen etwa 80 % der Ergebnisse durch nur 20 % des Aufwands erzielt werden. Ursprünglich vom italienischen Ökonomen Vilfredo Pareto formuliert, fiel ihm auf, dass 80 % des Landes von 20 % der Bevölkerung besessen wurden. .

Im Arbeitsalltag bedeutet dies: Oft sind es nur wenige Aufgaben, Projekte oder Kunden, die den größten Erfolg ausmachen. Ein Vertriebler könnte beispielsweise feststellen, dass 20 % der Kunden für 80 % des Umsatzes verantwortlich sind. Das Pareto-Prinzip zeigt, dass etwa 20 % der Aufgaben 80 % des Erfolgs ausmachen. Mit anderen Worten: Eine kleine Auswahl an Tätigkeiten trägt maßgeblich zum Gesamtergebnis bei.

Die Anwendung des Pareto-Prinzips erfordert eine kritische Analyse der eigenen Tätigkeiten. Du solltest hinterfragen: Welche Aufgaben bringen den größten Mehrwert? Welche Projekte tragen maßgeblich zum Erfolg bei? Indem Du unwichtige Aufgaben identifiziert und diese entweder delegiert oder reduziert, schafft man Raum für das Wesentliche. Dabei hilft die Synergie mit den vorherigen beiden Methoden:

Priorisieren mit der Eisenhower Matrix:
Während die Eisenhower Matrix Aufgaben nach Dringlichkeit und Wichtigkeit sortiert, hilft das Pareto-Prinzip dabei, jene Aufgaben zu identifizieren, die den größten Mehrwert liefern. So werden nicht nur alle Aufgaben geordnet, sondern vor allem die 20 % sichtbar, die 80 % des Erfolgs generieren.

Fokussiert arbeiten mit der Pomodoro-Technik:
Sobald die wichtigsten Aufgaben feststehen, kommen kurze, intensive Arbeitsphasen ins Spiel. Mit der Pomodoro-Technik widmet man sich in selbst definierten Zeitintervallen diesen Schlüsseltätigkeiten. Die Konzentration auf die entscheidenden Aufgaben in kompakten Zeiteinheiten steigert die Effizienz und vermeidet Ablenkungen.

Kurz gesagt, das Pareto-Prinzip hilft dabei, Prioritäten zu setzen und den Blick auf die Aktivitäten zu richten, die wirklich zählen. Mit dieser fokussierten Herangehensweise können nicht nur Arbeitsprozesse optimiert, sondern auch langfristig nachhaltige Erfolge erzielt werden. Probiere es aus und entdecke, wie sich Dein persönlicher oder beruflicher Alltag effizienter gestalten lässt

Optimierung des Arbeitsplatzes – KISS: Keep it simple, stupid. Das alte Sprichwort gilt vor allem für den eigenen Arbeitsplatz.

Erster Schritt – die richtige Wahl treffen: Je nach Situation gibt es nur noch offene Büros bzw. Räume. In diesen ist man ständig von auditiven und visuellen Reizen umgeben, die einen leicht ablenken. Vorzugsweise ruhigere Ecken, Einzelplätze- und Büros, sind von Vorteil. Am Ende sollte der Platz lediglich gute Beleuchtung und möglichst wenig Ablenkung durch Lärm oder visuelle Störquellen bieten.

Falls Du merkst, dass Du produktiver bist, wenn jemand kontrollierend in Deiner Nähe ist, pass es entsprechend an. Frage eine Person, die Dir wichtig ist, ob ihr, jeder für sich, arbeiten könnt und diese Person dabei drauf achtet, dass Du Dich nicht ablenken lässt. Am Ende der vorab definierten Zeit kannst Du Dich mit dieser Person austauschen, wie es lief und ob alles geklappt hat.

Zweiter Schritt – weniger ist mehr: Halte Deinen Arbeitsplatz so sauber wie möglich. Das heißt, alles, was nicht zur Erledigung Deiner Aufgabe erforderlich ist, verschwindet. Überlege Dir vorab immer, was Du für die jeweilige Aufgabe benötigst, ob alles vorhanden ist und organisiere Deinen Arbeitsplatz entsprechend.

Sollte es mehrere Abschnitte bei der Erledigung einer Aufgabe geben, kommen nur die Sachen auf den Tisch, die zur Erledigung der aktuellen Aufgabe benötigt werden. Der Rest verschwindet außerhalb Deines Sichtfeldes.

Dritter Schritt – Höhen und Tiefen: Nicht überall gibt es bereits höhenverstellbare Tische. Solltest Du solche in Deiner Nähe haben, nutze die unterschiedlichen Einstellungen, sodass Du mal sitzend, mal stehend arbeiten kannst, um Dich selbst ein wenig abzulenken.

Hyperfokus, ja, aber in Maßen: jeder Mensch mit ADHS kennt es, wenn man sich in etwas verliert und dabei selbst grundlegendste Bedürfnisse vernachlässigt.

Menschen mit ADHS kennen das Phänomen des Hyperfokus nur zu gut: Man verliert sich in Aufgaben, arbeitet stundenlang ununterbrochen und bemerkt dabei kaum, wie schnell die Zeit vergeht. Zwar erledigt man in diesem intensivem Arbeitsmodus einiges mehr, als man normalerweise schaffen würde. Es bleiben aber diverse andere Sachen auf der Strecke. Im hier und jetzt wieder angekommen, merkt man, wie körperlich und geistig ausgelaugt man ist. Daher solltest Du regelmäßige Pausen und bewusst eingeplante Erholungsphasen für Dich setzen.

Fokussiertes Arbeiten mit der Pomodoro-Technik: Die Pomodoro-Technik teilt den Arbeitstag in fest definierte Zeitintervalle (i.d.R. 25-Minuten) konzentrierter Phasen und kurze Pausen auf. Gerade Menschen mit ADHS profitieren von diesem Rhythmus, da er den Hyperfokus in überschaubare Intervalle bricht. Durch den Einsatz eines Timers wird sichergestellt, dass man auch in intensiven Arbeitsphasen regelmäßig kurz innehält, um sich zu dehnen, durchzuatmen oder einfach nur kurz abzuschalten

Struktur durch die Eisenhower Matrix: Die Eisenhower Matrix hilft, Aufgaben nach Dringlichkeit und Wichtigkeit zu ordnen. Für jemanden, der Probleme bei der Informationsfilterung- und Priorisierung hat, bietet dieses System einen klaren Überblick. Es ermöglicht, Aufgaben, die nicht sofort erledigt werden müssen, bewusst zu delegieren oder zu verschieben – und schafft so Raum klarere Strukturen und Raum für geplante Pausen.

Prioritäten setzen – mit dem Pareto-Prinzip: Wie bereits erwähnt, besagt das Pareto-Prinzip, dass 20 % der Aufgaben 80 % des Ergebnisses liefern. Für Menschen mit ADHS kann dieser Ansatz besonders hilfreich sein, um sich nicht in unwichtigen Details zu verlieren. Indem man sich auf die wenigen Schlüsseltätigkeiten konzentriert, die anhand der Eisenhower-Matrix vorbestimmt wurden, konzentriert man sich auf jene, die den größten Unterschied machen. Der Hyperfokus wird gezielt gelenkt und die Gefahr des „negativen Tunnelblicks“ reduziert.

Es ist vollkommen okay, wenn man zwischen den Aufgaben Pausen einlegt und nicht immer alles im ersten Anlauf perfekt ist. Vielen mit ADHS fallen diese beiden Aspekte gerade besonders schwer. Selbstfürsorge wird nicht als integraler Teil des Arbeitstages, sondern als optionaler Zusatz betrachtet. Berücksichtige daher für Dich selbst:

  • Bewusst Pausen einzuplanen: Setze Dir feste Zeiten für Erholung, in denen Du bewusst eine Pause fernab Deines Arbeitsplatzes machst.
  • Erinnerungen nutzen: Kleine Timer oder Apps können helfen, die Zeit vor Augen zu haben und jeder Aufgabe das ihr zugewiesene Intervall zu nutzen.
  • Flexibilität zulassen: Erlaube Dir, den Plan anzupassen, wenn unvorhergesehene Ereignisse eintreten, oder Du merkst, dass Du länger für etwas brauchen wirst.

Fazit mit Schlüsselpunkten

ADHS-Management im Alltag erfordert einen ganzheitlichen Ansatz, der sowohl strukturierte Planung als auch flexible, anpassbare Methoden umfasst. Die vorgestellten Tipps – von der Tagesplanung und visuellen Organisation über effektive Arbeitsmethoden wie die Pomodoro-Technik, Eisenhower-Matrix und Pareto-Prinzip bis hin zu einem optimierten Arbeitsplatz und Selbstfürsorge – bieten Dir einen klaren Fahrplan, um den alltäglichen Herausforderungen zu begegnen: Fokussiere Dich auf die wesentlichen Aufgaben, arbeite in intensiven, aber überschaubaren Intervallen und gönne Dir dabei regelmäßig Erholungsphasen. Zuletzt, führe ein Erfolgstagebuch, in dem Du täglich notierst, was Dir geholfen und wo weiterhin Herausforderungen bestehen. Dies hilft Dir, Deinen eigenen Fortschritt besser zu verfolgen.

Hast Du bereits Erfahrungen mit diesen Methoden gesammelt? Wie integrierst Du Selbstfürsorge in Deinen Arbeitsalltag? Teile Deine Tipps und Gedanken in den Kommentaren!


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